Toggle Navigation

Stetiges Optimieren

Woran hakt es, wenn Innovation Labs plötzlich Ihre Pforten schließen? Hubs gelten weiterhin als absoluter Trend, dennoch gibt es auch Stimmen die hinter den Worten Digitalisierung und Kreativität die passenden Inhalte vermissen. Wie müssen sich Media Labs aufstellen, um nicht vom Schicksal eingeholt zu werden?

Ein Gastbeitrag von Patrick Fuchs

„Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, dann ist sie zum Scheitern verurteilt,“ erklärte einst Albert Einstein. Innovation Labs sollen ihren Unternehmen genau für solche absurden Ideen den idealen Nährboden bieten. Sie dienen als Instrument um die Kreativität von Mitarbeiter*innen zu fördern, innovative Produkte, Geschäftsmodelle und Arbeitsmethoden zu entwickeln oder schlicht die neuesten technischen Trends zu erproben. In den vergangenen Jahren ist nahezu jedes Unternehmen auf der Innovation/Media/Digital/Open Labs aufgesprungen. Bei der Beschreibung dieser Innovatoren fallen wiederholt Begriffe wie „Digitalisierung“, „neue Technologien“ oder auch „Start-Up-Methoden.“ Tatsächliche Revolutionen bleiben in vielen Fällen jedoch aus. Laut Tatjana Moser von t3n liegt das an einer unzureichend ausgebauten Zielsetzung.

Für eine erfolgreiche Modernisierung ist es laut ihr nicht ausreichend neue Ideen zu entwickeln, solange man sich hierbei nicht auf einzelne Bereiche der Customer Journey fokussiert und somit gewinnbringende Formate und Produkte entwickelt. Bleibt dieser Gewinn aus, schließen Labs auch schnell wieder ihre Tore. Ein Beispiel hierfür ist das BuzzFeed open lab. „Da wir uns dem Ende unseres ursprünglichen zweijährigen Engagements nähern, haben wir gelernt, dass es bessere Möglichkeiten gibt, neue Technologien in die Mission von BuzzFeed zu integrieren“, sagte Mat Honan bereits 2017. „Das bedeutet, dass wir das Open Lab nicht mehr als separate Initiative betreiben werden.“

Risiken für die Innovation Labs

Die Studie Trends in Newsrooms 2019 erkennt weitere klare Risiken für die Überlebensfähigkeit von Innovation Labs. Zum einen die im jeweiligen Unternehmen vorherrschende Kultur. Aufgrund der experimentellen Arbeitsmethoden kann das Anspruchsdenken der Mutterkonzerne eine enorme Drucksituation schaffen. Zum anderen sind die Medienhäuser auf ein gewisses Innovationstempo angewiesen, um sich ihren Stakeholdern gegenüber rechtfertigen zu können. Abseits dieses Risikos muss in Zeiten des Medienwandels auch zwingend die finanzielle Nachhaltigkeit betrachtet werden. Interdisziplinäre Teams sind kostspielig und Medieninnovationen nicht minder risikoreich als die von anderen Branchen.

Auch die Interdisziplinarität des Teams kann zu hinderlichen Spannungen bis hin zum Scheitern führen, da Background, Fachvokabular, Erfahrungen, Kommunikationsverhalten und Arbeitsgewohnheiten zum Teil schwer vereinbar sind. Journalist*innen benennen zusätzlich festgefahrene Unternehmensprozesse und -strukturen, zu wenige Mitarbeiter und Zeit sowie mangelnde Kommunikation im Unternehmen als relevante Faktoren für das Scheitern von Innovationen.

Innovationen müssen gelebt werden
Bild: Flickr

So erklärt auch Joachim Dreykluft gegenüber Klaus Meyer: „Das Scheitern an sich tut weh. Das Analysieren des Scheiterns verdoppelt dann den Schmerz, weil Sie natürlich Salz in die Wunde streuen. Aber das ist natürlich umso wichtiger, um einen Lerneffekt zu erreichen. Natürlich hoffen wir, diese Fehler nie wieder zu machen. Aber dort sind Fehler, die man macht, obwohl man Bücher fünfmal gelesen hat. Du musst nur selbst einmal gemacht haben.“

Allerdings muss ein Abbruch eines Innovation Labs nicht zwingend mit einem Misserfolg gleichzusetzen sein. Auch eine vollständige Erfüllung der Leistung wäre denkbar. In diesem Fall hätte das Labor all seine Aufgaben erfüllt und sämtliche Optionen ausgeschöpft. Im Rahmen der Studie Trends in Newsrooms stellten die Forscher von WAN-IFRA fest, dass über 30 von 123 Media Labs in der Zwischenzeit wieder geschlossen wurden. Einige dieser Labore existierten lediglich für das Promoten einer Innovation. Auch das BuzzFeed Open Lab war lediglich für eine bestimmte Aufgabe angelegt. Jedoch meldete sich die ehemalige Open-Lab-Chefin Amanda Hickman zu Wort, dass der Verlust der Ausbildungsmöglichkeiten durch das Lab ein herber Schlag sei.

Weiterentwicklung notwendig

Anders als Hickman, sehen viele Journalisten mit einer Skepsis und Widerstand den aktuellen Entwicklungen entgegen. Ein Grund dafür ist, dass es jahrzehntelang keinen wirtschaftlichen Veränderungsdruck gegeben hat. Besonders staatliche Medien wie die BBC entwickeln sich nur sehr schwerfällig und behalten große Teile ihrer alten Routinen bei. Damit passt der Broad Caster voll ins Bild von Plöchinger, der vielen Medienhäusern attestiert sich zwar innovativ zu nennen, aber nicht entsprechend zu handeln.

Neben den Medienhäusern müssen sich jedoch auch die Innovation Labs an die Erfahrungen der vergangenen Jahre anpassen. Aktuell entsteht eine neue Generation von Medien Labs, die sich auf das Knowhow der Labore der letzten 10 Jahre beruft. In einigen Phasen des Innovationsprozesses profitierten die neuen Labs von der Pionierarbeit der Vorgänger.

Zusätzlich machten sich Veränderungen in der Labororganisation bemerkbar. Die meisten Labore sind nun in die Unternehmensstruktur eingebettet, um eine stärkere Verbindung zur Organisation sicher zu stellen. Die Anbindung erfolgt dabei auf höchster Strategieebene oder in einem Tochterunternehmen. „Wir wollen das HH Lab keinesfalls isolieren. Im Gegenteil – bei allen Prozessen, des Lab sollte jemand aus dem Rest der Organisation also, entweder innerhalb von NOZ Digital oder auch aus anderen Einheiten, mit einbezogen werden,“ Sagt Joachim Dreykluft.

Durch diese Kontakte und die vielfältigen Anstrengungen der Labormitarbeiter, die sich selbst als Innovationsmotor verstehen, da sie sich für Wissenstransfers bereit erklären kommt ein neuer Austausch zu Stande. Im Vergleich zum Beginn der Inno Labs können die aktuellen Bedingungen als umfassend und transparent beschrieben werden. Sie bieten damit ideale Voraussetzungen für permanentes Lernen.

Durch die Adaption agiler Arbeitsweisen und dem Gestalten von Prozessketten als Sprints lassen sich mit Hilfe der Fast-Prototyping-Methode schneller testbare Prototypen entwickeln. Somit lässt sich eine abschließende Entscheidung über den weiteren Projektverlauf bereits nach wenigen Wochen treffen. Dies schont Ressourcen.

Networking als Sicherheit

Mit Ideen wie den Future Media Hubs, also dem Aufbau eines Medieninnovationsnetzwerks im Herzen Europas lassen sich zudem weitere Sicherheiten schaffen. Ein internationales Netzwerk aus ähnlich agierenden Medien Labs ermöglicht es den Mitgliedern Informationen auszutauschen und Verbindungen zur Start-Up-Szene aufzubauen oder zu vertiefen. Medienunternehmen tauschen zunehmend Erkenntnisse aus, aber dieser Prozess des Wissensaustauschs erfolgt eher ad hoc. Diese Lücke wollen die Future Media Hubs füllen. Die in Brüssel ansässige Initiative baut eine Plattform auf, die systematische Möglichkeiten für Innovationspartner bietet.

Die Future Media Hubs sind eine Gruppe von Communities, die Medienunternehmen in ganz Europa verbinden und ihnen helfen, durch den Austausch von Erkenntnissen neues Fachwissen zu erwerben. Zukünftig will Future Media Hubs sein Netzwerk auch außerhalb Europas ausbauen und im Herzen Brüssels ein Zentrum für Medieninnovation errichten. „Wir wollen die Innovation in Europa fördern und die Entwicklung der Medienbranche beschleunigen, indem wir ihre verschiedenen Akteure miteinander vernetzen“, sagt Sarah Geeroms, Head of Future Media Hubs.

Über den Autor

Redaktion

Redaktion

Meine Artikel:

Kommentiere