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Faltbare Smartphones: Muss der Journalismus sich an neue Endgeräte anpassen?

Mobile Endgeräte haben sich im Laufe der Zeit vielfach weiterentwickelt. Von Beginn an waren Handys zum Zweck der Kommunikation konzipiert, immer mit diesen Anforderungen: besser, schneller, informativer. Aber wie wirkt sich deren Entwicklung auf den Journalismus aus? Bereits in der Vergangenheit hatten technische Neuerungen großen Einfluss.

Ein Gastbeitrag von Robert Conrad

Immer dicht hinter der Entwicklung des Handymarktes war die Entwicklung der Personengruppe, die die mobilen Endgeräte mit möglichst gut zugeschnittenen Kommunikationsformaten zum Zweck der Informationsbeschaffung bespielte – die Entwicklung des (Online-) Journalismus. Nun steht der Smartphone-Markt erneut vor einer Evolution. Ist der Journalismus also ebenfalls wieder im Zugzwang nach fundamentaler Veränderung?

Die erste Revolution

Eine Frau hält ein Klapphandy in der Hand. Diese Endgeräte haben einen großen Imagewandel hinter sich.
Vom Statussymbol zum Seniorentelefon: Klapphandys haben einen großen Imagewandel durchgemacht.

Das Klapphandy ist eigentlich ein Relikt der Vergangenheit. Heutzutage hauptsächlich von Rentnern als Seniorenhandy genutzt, mitsamt SOS-Knopf und XXL-Tastatur, war es zu der Zeit um den Jahrtausendwechsel ein Statement. Fast schon ein technisches Statussymbol, denn der Urgroßvater der auf- und zuklappenden Handys, das Motorola StarTAC aus dem Jahr 1996, prägte das Aussehen der kommenden Mobiltelefone für mehr als zehn Jahre. Auf der im Jahr 2005 von Dan Tynan veröffentlichten Liste der 50 wichtigsten Gadgets der Computerzeitschrift PCWorld rangiert das StarTAC auf Platz sieben.

Die Gründe für den Erfolg der Handys mit dem Klappmechanismus liegen auf der Hand, wie es in einem Ratgeber zu Klapphandys im Jahr 2020 auf Testberichte.de heißt: Die Displays sind durch die Innenlage geschützt, Tastaturen und Anzeigen fallen trotz kompakter Bauweise größer aus und das Auf- und Zuklappen nimmt Anrufe an oder beendet sie. Das Ende der Klapphandys, wie auch das Ende aller anderen herkömmlichen Handys, läutete Apple im Jahr 2007 mit der Vorstellung des iPhones der ersten Generation ein. Das Smartphone, wie wir es heute kennen, war geboren.

120 Millionen iPhones in einem Jahr

Manuel Christa, Technik-und IT-Journalist bei der Zeitschrift PC Games Hardware, beschreibt das erste iPhone in einem eigens für dieses Essay geführte Interview als Revolution auf dem Handymarkt. Schnell eroberte die neue Technologie die Hosentaschen der Kunden. Eine Statistik aus dem Jahr 2020 über den Endkundenabsatz von Smartphones weltweit von 2007 bis 2019 zeigt, dass bereits im ersten Jahr mehr als 120 Millionen Smartphones verkauft wurden.

Bei einem Einstiegspreis von 500 US-Dollar war das keine Selbstverständlichkeit für damalige Verhältnisse. In den Folgejahren stiegen die Verkaufszahlen dann bis 2014 fast schon exponentiell an. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichten sie im Jahr 2018 mit etwas mehr als 1,55 Milliarden verkauften Smartphones.

Ein Siegeszug, der eine Branche veränderte

Mit der Erfindung und Markteinführung des Smartphones änderte sich einiges grundsätzlich und wie die Statistik zum Endkundenabsatz zeigt, auch längerfristig. „Das Handy entwickelte sich mit der Einführung vom ersten iPhone vom einfachen mobilen Telefon hin zum kleinen Computer. Es war nicht mehr nur möglich zu telefonieren, SMS zu schreiben und eben allgemein zu kommunizieren, sondern plötzlich war es auch möglich halbwegs annehmbar im Internet zu surfen“, sagt Christa und beschreibt diesen Fakt weiterhin als den „großen Game-Changer“.

Denn „erst jetzt konnten die Menschen anfangen, unterwegs Internetinhalte zu konsumieren — das wirkte sich natürlich auch auf den Journalismus aus. Heute schauen, zum Beispiel im Zug, viele Leute YouTube-Videos, Filme, Serien oder konsumieren anderweitig Inhalte mit ihrem Smartphone“, ergänzt Christa.

Unterwegs informiert

Die Auswirkungen auf den Journalismus fasste Professor Doktor Thomas Leif in Zusammenarbeit mit Thomas Mrazek und Albrecht Ude im Jahr 2011 in dem Buch „Online-Journalismus, Zukunftspfade und Sackgassen“ wie folgt zusammen: „Auch unterwegs wollen User informiert sein (…). Kostenlos oder im Abonnement bieten immer mehr journalistische Netzangebote ihre Inhalte über Apps für das iPhone an.“

Außerdem wird beschrieben, dass auch Videozusammenschnitte der aktuellen Nachrichten sich auf fast allen Newsportalen im Netz finden. Dementsprechend müssen Redakteure plötzlich mit Schnittprogrammen umgehen können. „Da die Homepage bzw. die gesamte Webseite am schnellsten aktualisiert werden kann, gehen einige Redaktionen zur „Online-First“-Strategie über (…). Das verändert zum einen die Arbeitsabläufe in den Redaktionen komplett und ist zudem ein täglicher Balanceakt.“ Schließlich müsse ständig abgewogen werden, was online gestellt wird, und was in die Zeitung gedruckt wird. Denn auch die Printauflage soll nicht an Relevanz verlieren.

Eine neuer Meilenstein?

Im September 2019 versuchte Samsung den nächsten Schritt in der Evolution der Smartphones einzuleiten. Dabei griff der koreanische Konzern ein Feature auf, das sich auf dem Handymarkt der Vergangenheit bereits großer Beliebtheit erfreute – ein Scharnier, das das Auf- und Zuklappen des Smartphones ermöglicht. Den ersten Gehversuch dieser neuen Art von Falt-Smartphone, das Samsung Galaxy Fold, stützte Samsung schnell mit einem Nachfolger ab, dem Samsung Z Flip. Dieses kam im Februar dieses Jahrs auf den Markt.

Dem Konzern kann – unter Betracht der Tatsache, dass er innerhalb von nur einem halben Jahr gleich zwei Falt-Smartphones veröffentlichte – unterstellt werden, dass er die neue Technologie weiter vorantreiben und ausbauen will. Auch Mitbewerber wie Motorola und Huawei haben vergleichbare Smartphones auf dem Markt gebracht, beziehungsweise angekündigt. Wenn sich die neuen, faltbaren Smartphones durchsetzen, kann eine neue, permanente Art von Endgeräten entstehen.

Faltmechanismus: Revolution oder Nische?

Linus Sebastian beschreibt das Samsung Galaxy Fold beispielsweise als faltbares Tablet, das auch nach dem Nutzen der Tablet-Eigenschaften, zum Beispiel dem Verfassen eines Textes auf einem größeren Display oder dem Rezipieren eines Videos, noch als Telefon verwendbar ist. Weiter beschreibt er, dass das Telefon sein Nutzungsverhalten zum Positiven verändert hat. Durch den Extraaufwand, den es benötigt das Telefon aufzuklappen, nutzt er das Handy mit mehr bedacht, dann aber intensiver. Außerdem sei das Galaxy Fold ein toller E-Book Reader.

Dem gegenüber steht die Einschätzung von Christa. Er kann der neuen Technologie keine großen Vorteile gegenüber den herkömmlichen Smartphones abgewinnen. Zwar ist er erfreut über den technischen Fortschritt, doch hält er das neue Endgerät bestenfalls für eine Nische: „Die Geräte sind eine Lösung, für ein Problem, das noch niemand hat“.

Dennoch hat sich in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass neue Endgeräte den Journalismus stark verändern können. Müssen sich Journalisten also erneut Gedanken um große Veränderungen machen? Beispielsweise um neue, zugeschnittene Formate?

Eine unklare Zukunft

Christa glaubt das nicht, denn schon das iPhone habe nur bestehende Kommunikationsformate aufgenommen und diese mobil gemacht. Natürlich könne der Rezipient bequemer größere Texte lesen, aber das ginge mit dem normalen Smartphone auch. „Und wer doch mehr Bildschirm möchte, der nutzt ein Tablet oder ein Notebook. Ich sehe dazwischen keine Nische“.

Die aktuellen Neuerungen auf dem Smartphone-Markt verlangen nach Christas Einschätzung zudem nur nach kleinen Anpassungen auf der Senderseite. „Das ist eine rein technische Sache, bei der es nur darum geht, dass die Texte und Videos in dem Format gut angezeigt werden. Ob ich einen Text mobil oder am Bildschirm lese: Es ist derselbe Text.“ Entscheidend sei, dass eine gewisse technische Basis dafür sorgt, dass alle dargestellten Inhalte richtig skalieren. Unter diesen Umständen bedarf es also keiner weiteren Anpassung.

„Natürlich müssen Online-Texte formatbedingt anders geschrieben werden als Print-Texte. Aber das sind nur kleine kosmetische Feinheiten, an denen nicht mal das iPhone etwas geändert hat“, ergänzt Christa und fasst zusammen: „Für den Journalisten ändert sich meiner Meinung nach deswegen vorerst nichts.“

Mehr Gestaltungsfreiraum durch bessere Endgeräte

Sophie Burkhardt, ZDF-Beauftragte und stellvertretende Geschäftsführerin des Content-Netzwerks Funk von ARD und ZDF, hat dazu bereits im Jahr 2011 in einem Interview mit der NR Netzwerkrecherche eine andere Sichtweise geäußert, die durchaus auch heute noch aktuell ist und auf die heutige Smartphone Situation übertragen werden kann. Sie sagt: „In einem hochinnovativen Umfeld wie dem Online-Journalismus sind Trends extrem schwer vorherzusagen.“ Außerdem stellt sie die Frage, ob jemand im Jahr 2006 die Bedeutung von Facebook, Twitter oder dem iPhone hätte prognostizieren können.

Weiter behauptet sie, dass gerade solche Innovationen den Online-Journalismus, seine Verbreitungswege, Formate und die Beziehung zu den Usern verändern. Burkhardt führt weiter aus, dass sich grundsätzlich wohl sagen lässt: „Je besser die Geräte und je schneller die Internetverbindungen werden, desto mehr Möglichkeiten gibt es auch für technisch-komplexere multimediale Formate. Die Herausforderung an den Journalismus besteht hierbei darin, diese Formate auch zu nutzen, um die eigene Erklär-Kompetenz zu erhöhen“.

Klappe die Zweite?

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die neuen, faltbaren Smartphones sicherlich als eine valide technische Weiterentwicklung bezeichnet werden können. Ob sie allerdings den Handymarkt revolutionieren, wie einst das iPhone, bleibt abzuwarten. Entsprechend sind auch eventuelle Auswirkungen auf den Journalismus unklar.

Sicher ist aber, dass auf der technischen Seite Neuerungen nachgerüstet werden müssen, um beispielsweise die Skalierbarkeit auf die neuen Endgeräte anzupassen. Sicher ist aber auch, dass sich Megatrends wie Facebook, Twitter und das iPhone, wie Sabine Burkhardt schon gesagt hat, nur schwer vorhersagen lassen. Am besten wird es sein, die technische Evolution der Smartphones aufmerksam zu beobachten und den Journalismus Stück für Stück anzupassen.

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