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Christian Baars im Interview: Vorteil Festanstellungen – die Rahmenbedingungen geben den Ausschlag

Festanstellungen als  Rahmenbedingungen: Christian Baars im Interview

Christian Baars, TV-Journalist beim NDR, ist Preisträger des UMSICHT Journalismuspreis 2018. Er sucht gelegentlich nach Ausschreibungen, um Arbeiten und Beiträge einzureichen. Das Preisgeld ist offensichtlich nicht die eigentliche Motivation, denn das würde er immer für einen wohltätigen Zweck spenden.

Sie haben 2018 den Umsicht-Preis gewonnen. Warum haben Sie damals teilgenommen?

Wir haben diese Dokumentation zum Thema Killerkeime-Antibiotika-Resistente-Keime erstellt. Als wir damals aus Indien zurückkamen, waren wir sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Wir, also das Team, dachten, dass wir vielleicht den Film für einen Preis einreichen können.

Sie haben sich also selbst beworben oder hat Ihre Redaktion Sie vorgeschlagen?

Ich schaue mir selbst regelmäßig Übersichten von Journalistenpreisen an und werfe gelegentlich einen Blick darauf, ob wir mit unseren Geschichten möglicherweise einen Preis gewinnen könnten. Dann überlege ich, in welche Kategorie die Geschichte passen könnte und welche Preise dafür infrage kommen. Manchmal entscheiden wir uns als Autoren selbständig für eine Bewerbung. Allerdings betrifft dies hauptsächlich bedeutende und renommierte Preise. Bei Veranstaltungen wie dem Deutschen Fernsehpreis beispielsweise erhalten wir auch Vorschläge und Unterstützung von unserer Redaktion.

Sie sind seit mehreren Jahren fest beim NDR angestellt. Spielt das Preisgeld für Sie eine Rolle?

Tatsächlich gar nicht. Ich habe für mich beschlossen, dass ich jedes Preisgeld, das ich irgendwie gewinne, komplett spende, das mache ich auch seit vielen Jahren so. Ich verdiene gut als Angestellter Redakteur und finde, dass ich die Preisgelder nicht brauche. Daher schaue ich immer, wo eine Organisation ist, die etwas Gutes macht und zum Thema des Beitrages passt.

Hat sich nach dem Preis etwas für Sie verändert, auch im Hinblick auf Ihr Arbeitsverhältnis?

In den letzten Jahren hat sich beruflich vieles verändert, jedoch nicht primär aufgrund der erhaltenen Preise. Seit etwa 2014 oder 2015 arbeite ich im Bereich des “Investigativ-Ressorts” und habe seither an bedeutenden Projekten sowie umfangreichen Dokumentationen mitgewirkt. Wir reichen unsere Arbeiten regelmäßig ein und die Anerkennung und Wertschätzung, die wir dafür erfahren, erfreuen uns wirklich. Es ist schön zu sehen, dass unsere Arbeit wahrgenommen wird, nicht nur intern von Kollegen und Kolleginnen, sondern auch von Freunden oder manchmal sogar bei Feiern. Allerdings glaube ich nicht, dass die Preise unmittelbar meine Karriere vorantreiben. Ich sehe sie eher als zusätzliche Bestätigung unserer Arbeit und weniger als direkte Einflussfaktoren auf meine berufliche Entwicklung.

Glauben Sie, dass festangestellte Journalist*innen Vorteile bei der Teilnahme an Journalistenpreisen haben?

Ja, das würde ich definitiv bestätigen. Aus meiner Sicht ergeben sich zwei wesentliche Vorteile. Zum einen ist es die interne Wahrnehmung, wenn Kolleginnen und Kollegen sehen, dass man für einen Preis nominiert oder ausgezeichnet wird. Das führt oft zu Anerkennung und Lob innerhalb des Teams. Der zweite Vorteil, den ich als noch relevanter empfinde, ist die externe Resonanz. Manchmal kommen Leute auf uns zu und geben Hinweise auf mögliche Geschichten, Themen oder Recherchen, die wir verfolgen könnten. Sie schauen dann, wer dafür infrage kommt und welchem Journalisten diese Geschichte übertragen werden könnte. Ich habe bereits häufig erlebt, dass, wenn ich anrufe und nach Informationen frage, die Leute mich googeln, um mehr über mich zu erfahren. Wenn sie sehen, dass ich schon einige Preise gewonnen habe, entsteht dadurch tatsächlich ein Vorteil. Sie denken dann: “Okay, dieser Journalist ist offensichtlich fähig und kompetent, das könnte interessant sein.” Es ist gewissermaßen eine Art Werbung nach außen. So entsteht bei den Personen, mit denen wir sprechen, der Eindruck, dass ich ein versierter Journalist bin.

Inwieweit beeinflusst Ihr Anstellungsverhältnis Ihre journalistische Arbeit?

Ich war lange Zeit als freier Journalist tätig, arbeitete zunächst beim NDR und war dann für etwa ein halbes Jahr fest angestellt bei der Tagesschau. Später bekam ich dann eine interessante Chance, im Bereich Investigativ-Journalismus bei einem kleineren Unternehmen einzusteigen. Die Arbeit dort ermöglichte mir, eigene Geschichten zu recherchieren und in verschiedene Richtungen und Formate zu gehen. Als fester Angestellter in dieser Position fühlte ich mich in einer luxuriösen Situation. Die Bezahlung war angemessen und ermöglichte mir, meine Leidenschaft für Recherchen und Geschichtenerzählen auszuleben. Ich hatte viele Freiheiten in meiner Arbeit, ohne Sorgen um finanzielle Schwierigkeiten oder andere Unannehmlichkeiten. Es war eine äußerst komfortable Situation, in der ich mich befand. Im öffentlich-rechtlichen Bereich sind die Bedingungen für freie Journalisten in der Regel recht akzeptabel. Die Bezahlung ist nicht so schlecht, und sie verdienen in der Regel ziemlich ordentlich und gut im Vergleich zu anderen Branchen. Das macht es zu einem anziehenden Trend-Bereich für viele.

Sie waren selbst als freier Journalist tätig und kennen also beide Rollen. Welche Unterschiede konnten Sie feststellen in Bezug auf Ihre Arbeitsweise?

Freiberuflich zu arbeiten ist definitiv eine Herausforderung. Man muss sich sehr einschränken und sorgfältig abwägen, welche Projekte man angehen kann. Es ist jedoch großartig, dass es bei uns nun die Möglichkeit gibt, im Bereich des investigativen Journalismus oder auch bei anderen Formaten wie Panorama tätig zu sein. Dabei haben wir als feste Mitarbeiter die Chance, umfangreiche Recherchen durchzuführen und Beiträge zu gestalten. Im Vergleich dazu haben freie Journalisten eine begrenzte Anzahl an Projekten, die sie intensiv bearbeiten können. Doch immerhin werden sie für ihre Arbeit bezahlt und befinden sich nicht in prekären Beschäftigungsverhältnissen, was beruhigend ist.

Als freier Journalist könnte es passieren, dass man einige Wochen in eine Geschichte investiert, die sich am Ende als unbrauchbar erweist und keine Vergütung einbringt. Wenn man komplett auf eigene Kosten recherchiert, besteht natürlich die Gefahr, dass man während dieser Zeit nichts verdienst. Das kann durchaus schwierig sein. Ich habe auch mit zwei freien Journalisten darüber gesprochen, und sie haben mir ähnliche Erfahrungen bestätigt. Es ist zweifellos eine anspruchsvolle Situation für sie.

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