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Im Wettstreit der Journalistenpreise: festangestellte vs. freie Journalist*innen

Die Meinungen zu Journalistenpreisen gehen weit auseinander – sie gelten als Auszeichnung für journalistische Arbeiten, sehen sich aber auch dem Vorwurf ausgesetzt, eine PR-Veranstaltung zu sein. Vereinzelt lehnen Preisträger*innen journalistische Auszeichnungen ab. Andere werten solche Preise als Auszeichnungen und kommunizieren diese offensiv auf ihren Berufsprofilen. Die Auszeichnung ist aber nur die eine Seite der Medaille. Oft sind mit dem ersten Platz auch Preisgelder verbunden. Festangestellte Journalist*innen beziehen ein festes Gehalt, haben also finanzielle Sicherheit. Freiberufler*innen genießen hingegen ihre eigene redaktionelle Freiheit, sind damit finanziell vielleicht eher auf Journalistenpreise angewiesen. Bewerben sich deshalb mehr Freie auf Journalistenpreise und wenn, haben Sie dann dieselben Chancen auf die ersten Plätze?

Dieser Frage, inwieweit sich die Anstellungsart auf Texte, Bewerbungen und Erfolg bei Journalistenpreisen auswirken, haben sich Sophie Alscher, Lina Elser und Thomas Lehmann die Anstellungsverhältnisse der Preisträger*innen des acatech, UMSICHT und djp-Preises angesehen und Akteure, Juroren und Veranstalter zu deren Sicht auf die Dinge befragt.

Was steckt hinter Journalistenpreisen?

Das Onlineportal „Journalistenpreise“ listet 556 verschiedene Ausschreibungen für Preise rund um den Journalismus auf, gegliedert in verschiedene Kategorien wie Gesellschaft und Soziales, Gesundheit und Medizin sowie Wissenschaft und Technik. In letztere fallen auch der UMSICHT-Wissenschaftspreis und der acatech PUNKT – Preis für Technikjournalismus & Technikfotografie. Einen ähnlichen wissenschaftlichen Schwerpunkt setzt der Deutsche Journalistenpreis (djp), in seiner Kategorie Innovation & Nachhaltigkeit. Dessen Themenspektrum umfasst Umwelt & Ressourcen, innovative Technologien und Wettbewerb & Politik.

Mit dem PUNKT und einem Preisgeld von 5000 Euro zeichnet die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) jährlich Beiträge in den wechselnden Kategorien Foto und Digital oder Text aus. Es geht um Beiträge, die Technik auf den Punkt bringen, im Sinne des Titel des Preises “auf den Punkt bringen”. Der Förderverein des Fraunhofer UMSICHT-Preises vergibt jedes Jahr 2000 Euro für den besten eingereichten Beitrag in der Kategorie Journalismus. Entsprechend der Ausrichtung des Fraunhofer Institutes in Oberhausen an Umwelt- und Sicherheitstechnologien (UMSICHT) werden Online-, Magazin-, Zeitungs- oder Rundfunkbeiträge ausgezeichnet, die rund um nachhaltige Lösungen und deren Vermittlung in der Gesellschaft in den Mittelpunkt stellen. Der Deutsche Journalistenpreis prämiert nach eigenen Angaben herausragende redaktionelle Textbeiträge aus deutschsprachigen Print- und Onlinemedien zu Wirtschafts- und Finanzthemen – und in Rubriken wie “Innovation und  Nachhaltigkeit” sowie “IT und Kommunikation” auch speziell Arbeiten mit Technikthemen.

Anteil der freiberuflichen Journalist*innen unter den Preisträger*innen der letzten 10 Jahre.
Anteil der freiberuflichen Journalist*innen unter den Preisträger*innen der letzten 10 Jahre. Grafik: Sophie Alscher

Um die Journalistenpreise besser vergleichen zu können, wurden beim acatech-PUNKT–Preis und UMSICHT-Wissenschaftspreis nur die Kategorien Text bzw. Journalismus, sowie beim djp „Innovation & Nachhaltigkeit“ betrachtet. Die Grafik zeigt den durchschnittlichen Anteil freiberuflicher Journalist*innen unter den Preisträger*innen, über den Zeitraum der letzten 10 Jahre. Beim Umsicht-Wissenschaftspreis war jede*r zweite Preisträger*in zum Zeitpunkt der Vergabe freiberufliche*r Journalist*in, beim djp dagegen nur etwa jede*r dritte.

Warum nehmen Journalist:innen an Preisen teil?

Die Gründe für die Teilnahme an Journalistenpreisen sind vielfältig. Bestätigung und Anerkennung der eigenen Arbeit sind vor allem für Festangestellte der Grund. Für freie Journalisten spielt daneben auch das Preisgeld eine wichtige Rolle. Die Texte werden entweder von der Redaktion oder den Journalist:innen selbst eingereicht. Wird die Bewerbung nicht schon von der Redaktion vorgenommen, dann gehen viele freien Journalist*innen einmal im Jahr ihre geschriebenen Texte mit Blick auf die ausgeschriebenen Journalistenpreise durch. Nur in seltenen Fällen werden Beiträge extra für das Gewinnen eines bestimmten Preises verfasst.

Das bestätigt auch der freie Journalist Tim Schröder. 2014 gewann er den PUNKT – Preis für Technikjournalismus. „Man erhofft sich Aufmerksamkeit, Ruhm und Ehre. Es ist der Wunsch, eine Bestätigung dafür zu bekommen, dass man gute Arbeit leistet“, erzählt er. Gezielt für Preise schreibe er nicht. Er entscheide am Ende des Jahres, welche seiner Artikel für einen Preis infrage kommen und reicht diese dann ein.

Auch für den Preisträger von 2022, den freiberuflichen Journalisten Joshua Koch, sind Preisgelder eine “zusätzliche, angenehme Einnahmequelle”. Mit seinem Gewinner-Text habe er sich zusätzlich auf einen Preis beworben, um sich von der Geldprämie ein neues Fahrrad kaufen zu können. Aber auch sein eigener Marktwert sind für ihn Gründe, sich für einen Preis zu bewerben.

Während für freie Journalisten das Preisgeld eine wichtige Rolle spielt, ist das für Festangestellte weniger relevant, wie ein TV-Journalist erzählt. Christian Baars arbeitet als festangestellter Journalist beim NDR und gewann mit seinem Team den UMSICHT-Wissenschaftspreis 2018. Er verdiene gut und sei nicht auf das Geld angewiesen, deswegen spende er die Preisgelder an gemeinnützige Organisationen.

Auswirkungen auf die journalistische Karriere

Einen Preis zu gewinnen, sorgt meistens für Aufmerksamkeit. Vor allem für freie Journalist*innen kann das von Vorteil sein. Doch führen Journalistenpreise automatisch zu einer erfolgreicheren Karriere im Journalismus?

„Natürlich kann der Preis dazu beitragen, mein Ansehen zu steigern und neue Aufträge zu gewinnen“, berichtet Schröder, „es ist wie eine Art Qualitätssiegel, das potenzielle Arbeitgeber oder Leser auf meine Arbeit aufmerksam macht.“ Inwieweit Preise eine Rolle für den Verlauf seiner bisherigen Karriere gespielt haben, kann er aber nicht sagen.

Auch Baars sieht keinen direkten Zusammenhang im Gewinnen von Preisen für den Verlauf seiner journalistischen Karriere: „Ich sehe sie eher als zusätzliche Bestätigung unserer Arbeit und weniger als direkte Einflussfaktoren auf meine berufliche Entwicklung.“

Wer hat bessere Voraussetzungen für die Teilnahme?

Bei der Überlegung, wer bessere Rahmenbedingungen für eine preiswürdige Arbeit habe, sieht Baars den Vorteil eher bei den Festangestellten. Nicht nur sorge ein Preis für Anerkennung innerhalb des Redaktionsteams, auch nach außen vermittle sich ein positiver Eindruck. „Manchmal kommen Leute auf uns zu und geben Hinweise auf mögliche Geschichten, Themen oder Recherchen, die wir verfolgen könnten. Sie schauen dann, wer dafür infrage kommt und welchem Journalisten diese Geschichte übertragen werden könnte.“

Achten die Jurys darauf, wer einreicht und ob das freie oder festangestellte Journalist:innen sind?

Nein, zumindest nicht bei den Jurys der drei hier betrachteten Preisen. „Beim UMSICHT Wissenschaftspreis gibt es einen festen Kriterienkatalog, den die Jury verwenden muss“, sagt Andreas Weber aus der UMSICHT-Jury. Beim djp lägen die Texte ohnehin unformatiert und ohne Angaben der Autor*innen vor, so Jurymitglied Jürgen Sadrozinski. „Die Aufbereitung der Thematik bestimmt mein Urteil, im Falle des ,Punkt’: wird die Technik so beschrieben und erklärt, dass auch der Laie oder der interessierte Leser sie begreift?“, erklärt auch Helmut Markwort aus der acatech-Jury. Auch unter den Einsendungen könnten die drei Jurymitglieder keine Unterschiede zwischen festangestellten und freien Journalist*innen erkennen. Allerdings gibt es laut Sadrozinski einen Zusammenhang zwischen der Anstellungsart und der Häufigkeit der Bewerbungen. Während Redaktionen mit Festangestellten Texte bei diversen Journalistenpreisen einreichten, würden sich freiberufliche Journalist*innen eher gezielt bei einzelnen Ausschreibungen beteiligen, bei denen sie sich eine Chance ausrechnen.

Von acatech und djp heißt es, dass etwa ein Fünftel der Bewerbungen von Freischaffenden stammen. Auch sei, laut Volker Northoff vom djp, kein Trend aufgefallen, dass sich der Anteil an Freiberufler*innen unter den Bewerbungen und Preisträger*innen in den letzten Jahren verändert habe.

Über die Autoren

Lina Elser

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