Bildrechte: Mathias John
12. Dezember 2025
Sponsoring durch Rüstungsunternehmen: Imagepflege statt Verantwortung?
Immer häufiger treten Rüstungsunternehmen als Sponsoren auf – sei es im Sport, in der Kultur oder bei öffentlichen Veranstaltungen. Was auf den ersten Blick nach gesellschaftlichem Engagement aussieht, birgt erhebliche ethische Risiken. Im Interview erklärt Mathias John, Rüstungsexperte bei Amnesty International Deutschland, warum diese Praxis kritisch zu sehen ist, welche Rolle Menschenrechte dabei spielen und wie Organisationen klare Haltung zeigen können.

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Warum lehnen Sie das Sponsoring von Rüstungsunternehmen ab/agieren dagegen?
Ich sehe Sponsoring von Rüstungsfirmen sehr kritisch, weil damit eine Normalität dieser Industrie vermittelt werden soll, die es so einfach nicht gibt. Die Rüstungskonzerne haben durchaus erkannt, wie wertvoll Sponsoring sein kann, wenn es gilt, das oft angeschlagene Ansehen in der Öffentlichkeit aufzupolieren und so den Eindruck zu erwecken, hier handele es sich um ganz normale Geschäfte.
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass dort keine „normalen“ Güter produziert werden, sondern unter anderem tödliche Waffen und Munition. Besonders kritisch dabei ist, dass solche Güter eben nicht nur bei der Bundeswehr verbleiben, sondern auch exportiert werden und dabei immer wieder zu Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts beitragen.
Angesichts der Aussagen im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD zu Rüstungsexport gewinnt das nochmals an Aktualität: Dort wird ein weitreichender Paradigmenwechsel verkündet, Menschenrechte sind bei Entscheidungen über Rüstungsexporte nun offenbar endgültig weitgehend irrelevant. Unter anderem wird der bisherige Grundsatz abgeräumt, dass deutsche Rüstungsexporte „kein Mittel der Wirtschaftspolitik“ sind. Die neue Koalition ist jetzt offenbar auch bereit, Rüstungsexporte zu genehmigen, die zu Rechtsverletzungen beitragen können.
Inwiefern beeinflusst die Präsenz von Rüstungskonzernen in der Öffentlichkeit das Vertrauen der Menschen in die Gesellschaft?
Es ist zu hoffen, dass diese öffentliche Präsenz dazu beiträgt, die Rolle der Rüstungsfirmen und der Regierung vor allem bei menschenrechtlich kritischen Rüstungsexporten zu hinterfragen und die Menschen motiviert, gegen solche Exporte aktiv zu werden.
Was halten Sie von der Argumentation, dass Rüstungsunternehmen Sponsoring als „Verantwortungsstrategie“ oder Imagepflege verwenden?
Sponsoring ist Teil der Kommunikationsstrategie von Unternehmen mit dem Ziel, ein positives Ansehen in der Öffentlichkeit zu schaffen und so Reputationsrisiken zu vermindern, und das wird auch von Rüstungsfirmen ganz offen als Mittel für diesen Zweck genutzt. Mit „Verantwortungsstrategie“ hat das wenig zu tun. Dabei sollte sich gerade die Rüstungsbranche ernsthaft ihrer menschenrechtlichen Verantwortung stellen und diese bei geplanten Rüstungsexporten nicht auf die Regierung abwälzen. Grundsätzlich sind Rüstungsfirmen verpflichtet, eine innerbetriebliche Exportkontrolle zu etablieren, diese sollten sie im Sinne menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten auch wirksam und transparent anwenden, bevor sie eine Exportgenehmigung bei der Bundesregierung beantragen.
Wie können Organisationen Ihrer Meinung nach ethische Sponsoring-Entscheidungen treffen und eine klare Haltung gegenüber Rüstungskonzernen einnehmen?
Organisationen sollten sich potenzielle Sponsoren sehr genau anschauen und vor allem einen Blick hinter die Hochglanzpräsentation über die Unternehmensethik und „Corporate Social Responsibilty“ werfen.
Gibt es konkrete Beispiele, in denen sich die Gesellschaft oder Fans gegen ein Sponsoring gewehrt haben? Was waren die Folgen dieser Proteste?
Bekannt sind die intensiven oft kritischen Diskussionen um das Engagement von Rheinmetall bei Borussia Dortmund, das unter anderem bei Fangruppen auf Kritik und Widerstand gestoßen ist – bis hin zu einem Beschluss einer Mitgliederversammlung im November 2024, der das Rheinmetallsponsoring missbilligte. Ob dieser nicht bindende Beschluss Folgen haben wird, steht noch dahin. Aber immerhin hat der BVB-Geschäftsführer versprochen, in diesem Jahr per Online-Abstimmung ein Votum der Vereinsmitglieder einzuholen.